Robert Bertschinger Portrait

Schweizer New Work: Ein Interview mit Robert Bertschinger, NEW WORK SE

Veröffentlicht:

4. April 2022

Aktualisiert:

26. September 2024

Hybrid Heroes

5

min

Robert Bertschinger ist als Geschäftsführer Schweiz verantwortlich für die Marken der NEW WORK SE, dem Mutterkonzern von unter anderem XING und kununu. Wir durften Herr Bertschinger 6 Fragen zum Thema New Work in der Schweiz stellen. Antworten dazu, wie die Schweiz im internationalen Vergleich dasteht, wo Chefs demokratisch gewählt werden und welche Chancen und Herausforderungen neue Arbeitsmodelle mit sich bringen, gibt es in unserem Interview.

1. Wie definieren Sie New Work und was bedeutet New Work für Sie?

Der Begriff New Work ist nicht eindeutig definiert und wird von vielen Menschen vor allem mit Mobilarbeit und flexiblen Arbeitszeiten verknüpft. Natürlich spielen Digitalisierung und flexiblere Zusammenarbeit eine wichtige Rolle, für mich handelt es sich bei New Work allerdings um mehr. Es geht um einen Paradigmenwechsel. 

Im Kern geht es darum, Arbeiten und Leben neu zu definieren, einzuordnen und nicht länger der klassischen Karriere hinterherzujagen. Für mich stehen damit die Sinnhaftigkeit, die Selbstständigkeit, die Eigenverantwortung, und natürlich das Vertrauen im Vordergrund. Zusammengefasst beschreibt New Work für mich einen Wertewandel und Wechsel in der Unternehmenskultur.

2. Wo steht das New Work Barometer in der Schweiz?

In der Schweiz stehen wir mit diesem Paradigmenwechsel noch ganz am Anfang. Was wir beobachten ist, dass sich Unternehmen von starren Arbeitszeiten, fixen Arbeitsplätzen und traditionellen Arbeitsmodellen lösen und flexibles Arbeiten ermöglichen wollen. Im Vergleich mit Nachbarländern wie Deutschland und Österreich schneiden wir dabei ziemlich gut ab. 

Wenn es allerdings um einen Mind-Change und den Wandel der Arbeitskultur geht, sind uns die Nachbarländer einen Schritt voraus. Doch auch in der Schweiz gibt es einige Pionier-Unternehmen wie zum Beispiel Haufe-Umantis oder Freitag, bei welchen der Chef von den Mitarbeitenden gewählt wurde, was einen starken Kulturwandel erfordert. Wir hoffen, dass viele weitere Unternehmen den Mut finden, neue Arbeitsmodelle zu erproben. 

3. Sie setzen sich also für eine bessere Arbeitswelt ein. Wie stellen Sie sich unseren Arbeitsalltag der Zukunft vor? Was wird sich im Gegenzug zu jetzt verändern bzw. verändern müssen?

Damit Sinnhaftigkeit, Vertrauen, Selbst- und Eigenständigkeit nicht nur leere Schlagworte bleiben und ein Wertewandel stattfinden kann, müssen Unternehmen ihre Arbeitsmodelle und Führungsmethoden von Grund auf neu denken und gestalten. Das sind Veränderungen, die viel Zeit brauchen. Nicht nur die Führungskräfte, auch die Mitarbeitenden müssen dabei ihren Mindset ändern. 

4. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Unternehmen, um sich für New Work und vor allem die wachsenden Anforderungen von Kandidat:innen und Mitarbeitenden an New Work vorzubereiten? Was sind hier die größten Challenges der Schweizer Firmen?

Eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung von New Work ist die Authentizität. Das bedeutet, dass Unternehmen sich nicht nur zu einem Credo bekennen, sondern auch beginnen, die neue Kultur tatsächlich zu leben. Nur so können die Mitarbeitenden engagiert und mitgenommen werden.

Dies ist gleichzeitig der kritische Punkt: New Work wird oft nur aus der Arbeitgebersicht betrachtet, aber auch Arbeitnehmende müssen den Mind-Change mitmachen. Wenn wir an die jüngeren Generationen Y und Z denken, liegen ihnen die neuen Werte viel näher. Trotzdem gibt es immer wieder Arbeitnehmende, die lieber strikte Arbeitszeiten und Aufgabenpläne möchten. Auch diese Bedürfnisse muss man ernst nehmen.   

Eine der größten Herausforderungen ist das Aufbrechen von alten Mustern, verstaubten Werten und Ansichten. Täglich sollten sich Mitarbeitende und Führungskräfte fragen, ob ihr Handeln und ihre Entscheidungen auf den Purpose des Unternehmens und die Unternehmenswerte abgestimmt sind. Geschafft hat man es, wenn dieses Hinterfragen der eigenen Handlungen zum Automatismus wird. Die Kür ist also, die Veränderung in den Köpfen und Herzen zu verankern.

5. Und worin sehen Sie die größten Chancen?

Wenn der Wandel gelingt, bin ich felsenfest davon überzeugt, dass die Mitarbeitenden nicht nur motivierter sind, sondern auch neue Energie freisetzen, welche u.a. die Produktivität und das eigenverantwortliche Handeln steigert. Die Entscheidungszyklen werden kürzer, wodurch das Unternehmen agiler wird und letztlich auch wirtschaftlich erfolgreicher sein kann.

6. Wie wird New Work bei NEW WORK SE gelebt?

Auch bei uns ist New Work der Weg und nicht das Ziel, wir entwickeln uns immer weiter und sind noch nicht angekommen. Schon vor unserer Umbenennung in NEW WORK SE haben wir damit begonnen, New Work zu leben. Heute gibt es bei uns das Arbeitsmodell “Mobile 50”. Das heißt, alle Mitarbeitenden können 50 Prozent der Zeit ortsunabhängig arbeiten. 

Aber auch der persönliche Austausch innerhalb des Unternehmens bleibt wichtig. Wir haben zum Beispiel bei Workshops festgestellt, dass diese im persönlichen Kontakt vor Ort am effektivsten sind. 

Wir haben vor Kurzem in Hamburg, Wien und Zürich neue Büros bezogen. Bei deren Gestaltung haben wir darauf geachtet, dass sich die Mitarbeitenden dort wohl fühlen und die Flächen funktional gestaltet sind, sodass die Räume den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden. Zum Beispiel kann in bestimmten Bereichen still gearbeitet werden, während an anderen Orten Teams kollaborieren können. Auch Ruhezonen gibt es, in die man sich zurückziehen kann.

Das sind aber nur die Basics. Viel wichtiger ist, was für eine gute Unternehmenskultur getan wird. Dabei ist für uns der Dialog zwischen Mitarbeitenden und Management entscheidend. Bei uns gibt es dafür diverse Plattformen. Wir haben ein wöchentliches Unternehmensmeeting, um über Neuigkeiten zu informieren. Gleichzeitig können die Mitarbeitenden in diesem Rahmen ihre momentanen Top 5 Anliegen sowohl an unser Management als auch an unser Employer-Komitee richten. 

Ein ganz zentraler Wert bei uns ist Transparenz und es ist wichtig, dass man diese nicht nur über die genannten Plattformen auslebt, sondern auch im Alltag teilt und die gesamte Belegschaft mit einbezieht. Wenn der Purpose klar ist und sich die Mitarbeitenden damit identifizieren können, setzt man neue Kräfte frei!

In diesem Sinne bedanken wir uns recht herzlich bei Ihnen, Herr Bertschinger, für das offene und sinnvolle Interview und die tollen Gedankenanstöße!

Schweizer New Work: Ein Interview mit Robert Bertschinger, NEW WORK SE

Julia

Julia Dejakum ist eine erfahrene Marken- und Marketingmanagerin mit Spezialisierung auf hybride Arbeitslösungen. Sie ist bekannt für ihre innovativen Strategien und kombiniert gekonnt die Prinzipien der Markenentwicklung mit den feinen Nuancen von remoten und persönlichen Arbeitsumgebungen.

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