Mario Niederhauser Portrait

People First: Hybride Arbeitskultur mit Mario Niederhauser (beetroot)

Veröffentlicht:

9. März 2022

Aktualisiert:

26. September 2024

Hybrid Heroes

7

min

Als Berater bei beetroot hilft Mario Niederhauser bei der Entwicklung von Strategien für den digitalen Arbeitsplatz und sorgt dafür, dass der Dreiklang aus Mensch und Kultur, Organisation und Prozessen sowie Technologie und Tools optimal ist. Als Arbeits- und Organisationspsychologe widmet er sich vor allem dem Bereich Mensch und Kultur.

1. Woran arbeitest du und was beinhaltet der Bereich Menschen und Kultur?

Als Berater und Arbeits- und Organisationspsychologe beschäftige ich mich intensiv mit den Themen New Work und Change Management. beetroot ist in der IT-Branche zu Hause. Wir sind Experten für digitale Arbeitsorganisation und strategische IT-Beratung und beschäftigen uns seit Jahren mit modernen Arbeitsformen und Kommunikationstechnologien.

Ergänzend dazu widme ich mich den weicheren Faktoren der Digitalisierung und des Change Managements. Neben Vorträgen und Keynotes zu New Work führe ich auch Workshops mit Unternehmen durch, in denen wir maßgeschneiderte Lösungen für einen erfolgreichen hybriden Arbeitsplatz entwickeln.

Da wir keinen Branchenschwerpunkt haben und unserer Kunschaft sehr heterogen sind und von kleinen Unternehmen, z.B. Kindertagesstätten, bis zu großen Organisationen, z.B. der Bundesverwaltung, reichen, können diese Lösungen sehr unterschiedlich aussehen.

Außerdem schreibe ich Blogbeiträge zum Thema New Work, gebe Webinare und halte mich mit umfangreichen Recherchen zu New-Work-Entwicklungen in aller Welt auf dem Laufenden. Bestimmte geografische Regionen, wie Australien oder Neuseeland, haben bereits einen gewissen Wissensvorsprung, weil sie schon länger mit hybriden Arbeitsmodellen arbeiten. Davon lasse ich mich gerne inspirieren, um unsere Kudschaft besser beraten zu können.

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2. Was sind die Herausforderungen für Menschen und Kultur in der Hybridarbeit?

Hier gibt es in der Tat mehrere Herausforderungen. Eine große Herausforderung für viele Unternehmen besteht darin, die Welt vor der Pandemie mit dem vollständigen Mobilzugriff in den letzten Monaten zu kombinieren und das Beste aus beiden Welten zu nutzen. Einige versuchen immer noch, "zurück zur Normalität" zu gelangen.

Die von Corona geprägten Monate waren jedoch von einem intensiven Lernprozess geprägt, und ich wage zu behaupten, dass jeder Mitarbeitende seine digitalen Fähigkeiten immens verbessert hat. Es wäre daher ein Fehler, heute zum alten System zurückzukehren. Vielmehr müssen wir versuchen, die alte Bürowelt und das Home-Office miteinander zu vereinen, um eine neue Normalität zu schaffen.

Dafür gibt es jedoch keine Einheitsstrategie. Jedes Unternehmen, jeder Mensch ist einzigartig, deshalb braucht es maßgeschneiderte Lösungen. Natürlich kann es nicht eine Wunschliste für jeden Einzelnen sein, aber die Grundlage sollte ein Dialog sein, um herauszufinden, was für jedes Team oder jede Abteilung sinnvoll ist. Diktatorische Vorgaben ohne Mitspracherecht führen unweigerlich zu Widerstand.

Anfang Juni gab es diesbezüglich einen Zwischenfall bei Apple: CEO Tim Cook hatte in einem Memo angekündigt, dass alle Mitarbeiter ab September montags, dienstags und donnerstags ins Büro kommen müssen. Und auch mittwochs und freitags dürfen Apple-Mitarbeitende nur noch mit Genehmigung des Vorgesetzten aus der Ferne arbeiten. Diese Forderung stieß nicht nur bei den Mitarbeitenden auf Gegenwind, auch das Medienecho war alles andere als positiv. Der Widerstand war allerdings zu erwarten, wenn eine solche Botschaft von oben herab entschieden wird und so wenig Flexibilität bietet. 

Konkret birgt diese Strategie zwei Gefahren: Zum einen kann es zu einer Fluktuationswelle kommen, wenn Mitarbeiter, die mit der Entscheidung unzufrieden sind, diese nicht ändern. Nach einer Phase der Rebellion werden sie sich nach anderen Arbeitgeber:innen umsehen, die ein besseres hybrides Arbeitsmodell anbieten, und das Unternehmen früher oder später verlassen.

Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass unzufriedene Mitarbeitende diesen Sprung nicht wagen und demoralisiert und unmotiviert bleiben. Dies wirkt sich nachhaltig negativ auf das Betriebsklima aus und gefährdet damit auch die Produktivität. Der Schlüssel zum Erfolg ist hier, wie so oft, die Kommunikation. Nur im Dialog kann ein hybrides Arbeitsmodell geschaffen werden, das für alle gewinnbringend ist.


3. Häufig dürfen Angestellte in hybriden Arbeitsverhältnissen arbeiten, Arbeiter:innen jedoch nicht. Wie können Unternehmen damit umgehen?

Ich möchte diese Frage mit einer Gegenfrage beantworten: Müssen Arbeiter:innen wirklich am Arbeitsplatz sein? Ich denke ja, aber nicht immer.

Es gibt Jobs, die aus der Ferne erledigt werden können. Ich denke da zum Beispiel an Stationsleiter in einem Pflegeheim. Die Patient:innen müssen vor Ort betreut werden, das ist klar. Aber der Schichtplan oder die Medikamentenbestellung könnten auch von einem anderen Ort aus geplant werden. Der Anteil der Arbeit, der aus der Ferne erledigt werden kann, mag gering sein. Aber gerade für Arbeiter:innen, die oft eine angespannte Work-Life-Balance haben, könnte die Flexibilisierungdieser nicht ortsgebundenen Aufgaben einen großen Mehrwert darstellen.

Dies kann auch dazu beitragen, dass die bereits bestehende Kluft zwischen Arbeitern:innen und Angestellten nicht noch größer wird. Dies ist natürlich eine sehr revolutionäre Idee. Aber wer hätte Anfang der 2020er Jahre gedacht, dass so viele von uns über einen so langen Zeitraum im Home-Office arbeiten würden? Wahrscheinlich nur wenige, also denke ich, dass es in dieser Hinsicht für viel mehr möglich sein könnte.

4. Du hast bereits viel Erfahrung mit Schweizer Unternehmen, die sich mit hybriden Arbeiten beschäftigen. Welche Note würdest du ihnen geben?

Das lässt sich natürlich nicht so einfach pauschal mit einer Schulnote sagen. Aber ich würde behaupten, dass sich die Schweizer Unternehmen und Arbeitnehmende bewusst sind, dass hybrides Arbeiten ein Zukunftsmodell ist. Vom Bewusstsein zum Arbeitsalltag ist es aber noch ein weiter Weg.

In Gesprächen mit Kund:innen stelle ich fest, dass sich viele Unternehmen fragen, wie sie ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro bringen können. Die zugrundeliegenden Bedürfnisse mögen unterschiedlich sein, sei es durch den Wegfall der Home-Office-Pflicht oder dadurch, dass man sich wieder häufiger persönlich sieht, aber das grundsätzliche Ziel ist dasselbe: die Einführung eines hybriden Arbeitsmodells.

Wie genau das geschieht, ist vielen jedoch noch nicht so klar. Hier setzen wir an und bieten Hilfe in den Bereichen Technologie, Organisation und Kultur, indem wir die Fragen und Probleme der Kunden ganzheitlich betrachten.

Durch meine Arbeit habe ich auch Unternehmen mit großartigen Ansätzen kennengelernt. Als zum Beispiel die Anforderung des Home-Office in eine Empfehlung umgewandelt wurde, nahm sich ein Personalleiter die Zeit, jeden Mitarbeitenden, der ins Büro kommen wollte, persönlich zu begrüßen. Er begrüßte alle, fragte, wie es ihnen wirklich geht, und bat sie schließlich, alle Papiere auf ihrem Schreibtisch in den Papierkorb zu werfen. Nachdem sie diese Unterlagen 18 Monate lang nicht benutzt haben, werden sie sie auch in Zukunft nicht mehr verwenden. Ich finde die Idee, die dahinter steckt, einfach genial! Abgesehen von den Dokumenten, die zu den Akten gelegt werden müssen, gibt es wenig bis gar kein Papier, das wirklich wichtig ist. Diese Entrümpelung ist auch ein Schritt in Richtung Digitalisierung. Ich mag es, Ideen wie diese in die Welt hinauszutragen und Unternehmen zu zeigen, wie sie neue Wege gehen und alte Muster durchbrechen können.

Eine weitere Herausforderung in der Schweizer Unternehmenslandschaft besteht darin, dass jede Organisation eine andere Vorstellung oder Vision von hybrider Arbeit hat, wenn sie denn schon eine hat. Diese variieren je nach Branche, Größe oder anderen Faktoren. Zu Beginn der Pandemie war das anders, weil der Bundesrat ganz konkret gesagt hat, was zu tun ist.

Die Umsetzung war nicht immer einfach, aber irgendwie wurde eine klare Linie vorgegeben. Heute müssen Unternehmen ihren Zielzustand und ihre Strategie selbst definieren. Zunächst denkt man vielleicht nur an den Arbeitsplatz, seine Gestaltung, Größe, die Anzahl der Büroarbeitsplätze, ob man noch Einzelbüros braucht, wie man Mietkosten sparen kann oder ob ein Coworking Space sinnvoll ist.

Auch diese Fragen sind berechtigt, aber meiner Meinung nach sind sie der Anfang einer Dominokette. Wer diesen ersten Stein zu Fall bringt, muss mit einer Kettenreaktion rechnen. Nach der Frage nach dem Arbeitsort kommen die Fragen nach dem Arbeitszeitmodell. Flexibilisierung findet nicht nur in Bezug auf den Ort, sondern auch in Bezug auf die Zeit statt.

Wer es bis hierher geschafft hat, darf sich in der Regel mit Fragen zu Arbeitsabläufen und Arbeitsmitteln beschäftigen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bei den Überlegungen das Arbeitsrecht und der Schutz der Beschäftigten nicht vergessen werden dürfen. Gerade in einer Zeit, in der die Pandemie weiter in den Hintergrund getreten sein wird, wird das hybride Arbeitsmodell meines Erachtens sein volles Potenzial entfalten.


5. Welchen Rat würdest du einem Arbeitsplatzmanager: innen geben, der ein großartiges Arbeitsumfeld für Menschen und Kultur schaffen möchte?

  • Fragt die Mitarbeitenden nach ihren Bedürfnissen und hört euch ihre Antworten an. Wichtige Fragen können sein: Was brauchen Sie zum Arbeiten? Wie kann ich Sie unterstützen und was kann ich Ihnen anbieten? Aber auch: Was kann ich Ihnen abnehmen? Was macht Ihre Arbeit unnötig kompliziert? 
  • Um eine hohe Akzeptanz zu schaffen, solltet ihr darauf achten, dass euer hybrides Arbeitsmodell sowohl auf die individuellen Gegebenheiten eurer Mitarbeitenden als auch auf die Bedürfnisse eures Unternehmens abgestimmt ist. 
  • Mitarbeitende haben oft tolle Ideen, wie Prozesse optimiert werden können. Sie werden vielleicht nicht oft genug danach gefragt oder das Thema geht im Tagesgeschäft unter. Die aktuelle Zeit des "Umbaus" ist eine gute Gelegenheit, solche Themen anzusprechen.
  • Leistung zählt mehr als Anwesenheit: Viele Arbeitnehmende, insbesondere Eltern, haben gemerkt, wie wertvoll mehr Zeit mit der Familie sein kann. Für sie kann viel Zeit im Home-Office weiterhin sinnvoll sein, und sie wünschen sich, ihre Kinder aufwachsen zu sehen. 
  • Schafft einen echten Mehrwert im Büro: Wenn die Mitarbeitenden in das Bürogebäude zurückkehren, sollten sie nicht in dieselbe Welt eintauchen wie vor der Pandemie. Momente, die in den letzten Monaten auf der Strecke geblieben sind, sollten wieder gelebt werden. Zeit mit Kolleg:innen, Smalltalk, zwischenmenschliche Begegnungen, Gespräche zwischen Tür und Angel, die oft spannende Innovationen hervorbringen, sollten wieder erlaubt und sogar erzwungen sein.
  • Entzieht nicht das Vertrauen und die Verantwortung: Viele Mitarbeitende haben durch die größere Autonomie mehr Sinn in ihrer Arbeit gesehen. Auch in Zukunft sollten wir den Mitarbeiternden die Flexibilität bieten, an Orten und zu Zeiten zu arbeiten, an denen sie am produktivsten sind.
  • Eine Kultur des Vertrauens statt einer Kultur der Anwesenheit: Es kommt nicht darauf an, wie lange man anwesend ist, sondern was man erreicht.


Danke für die Einblicke in deine Arbeit, die tollen Inputs und Denkanstöße, Mario!

People First: Hybride Arbeitskultur mit Mario Niederhauser (beetroot)

Julia

Julia Dejakum ist eine erfahrene Marken- und Marketingmanagerin mit Spezialisierung auf hybride Arbeitslösungen. Sie ist bekannt für ihre innovativen Strategien und kombiniert gekonnt die Prinzipien der Markenentwicklung mit den feinen Nuancen von remoten und persönlichen Arbeitsumgebungen.

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