Vom digitalen Arbeitsplatz zum Daddy-Modus - ein Interview mit Gabriel Rath
8. November 2021
26. September 2024
Vom Kinderzimmer ins Büro und ab zum nächsten Termin - zwischen Daddymodus und Digital Life. Gabriel Rath erzählt in unserem Interview, wie er sein Leben, als Vater von drei Töchtern mit seiner Arbeit verbindet. Dabei hat er nicht nur Freude an New Work, sondern zieht auch viel Stärke und Energie aus seinem Verstehen davon.
1. Du sprichst mit Experten über New Work und mehr, was hat dich dazu bewogen?
Seit meiner Kindheit interessiere ich mich für das Thema Kommunikation und Medien. Ich bin in den 80er Jahren in der ehemaligen DDR aufgewachsen und habe schon mit meinem Kassettenrekorder aus dem Westen Lieder aus dem Radio und Moderationen aufgenommen. Später habe ich bei der Schülerzeitung mitgemacht und mein Interesse an Journalismus und Kommunikation vertieft. Ein paar Jahre später habe ich bei der Ostseesparkasse in Rostock als Kommunikationsmanager gearbeitet. Dort haben wir mit einem Interviewformat in der internen Kommunikation begonnen. Mit Mikrofon und Kamera ausgerüstet ging ich als rasender Reporter für rund 700 Mitarbeitende los und interviewte Auszubildende, Kolleg:innen und den Vorstand. Es folgten Interviews mit Gästen und Geschäftspartnern. Das hat mir nicht nur viel Freude bereitet, sondern ist auch gut angekommen. 2008 veröffentlichte ich meine ersten eigenen Interviews, zunächst im Videoformat. Ich sprach über Themen wie Kulturarbeit und New Work, was die Grundlage für meinen ersten Webcast bildete. Daraus ist mein Podcast entstanden, den ich nun seit 3 Jahren mit bisher 82 Folgen betreibe.
2. Wie definierst du aufgrund deiner Erfahrung New Work für dich selbst?
Wenn Menschen über New Work sprechen, fragen sie oft zuerst, was Old Work ist. Was ist mit "alt" gemeint? Und was kann in der Arbeitswelt verbessert werden?
Bei New Work geht es genau darum - die Art und Weise zu verbessern, wie wir arbeiten. Es gibt viele Studien und Statistiken, die zeigen, dass viele Menschen mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden sind. Oft arbeiten die Menschen "nach Vorschrift". Die Idee von New Work ist es, die Arbeit, mit der wir einen großen Teil unseres Lebens verbringen, mit Sinn und Leben zu füllen. Ein positives Leben, das wir auf selbstbestimmte Weise gestalten.
Dies steht im Einklang mit Frithjof Bergmann, dem Begründer der New-Work-Bewegung. Er beschreibt, dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen sollten. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie wir arbeiten. Das bedeutet mehr Planung und Selbstbestimmung bzw. Reflexion. Durch die zunehmende Digitalisierung und den demografischen Wandel werden alle Organisationsmodelle auf den Prüfstand gestellt. Das hat nicht nur zu neuen Raumkonzepten, sondern auch zu neuen Arbeitsmodellen geführt. Zudem hat die Pandemie die Erprobung neuer flexibler Arbeitsmodelle ermöglicht, weshalb sich die Arbeitswelt in einem Wandel befindet. Wir sind heute in der Lage, Arbeitfür uns selbst neu zu gestalten, und darüber spreche ich in meinem Podcast.
3. Was ist für dich das Wichtigste in Bezug auf die Arbeit?
Das Wichtigste für mich ist, dass die Arbeit meiner obersten Priorität untergeordnet ist. Als Vater von drei Kindern ist das meine Familie. Jeder sollte zunächst für sich selbst überlegen, was seine Priorität im Leben ist, und dann sein Leben entsprechend sortieren und planen. Für mich bedeutet das, bei der Arbeit Dinge zu tun, die sich nicht wie Arbeit im traditionellen, negativen Sinne anfühlen. Im besten Fall kommt die Arbeit meinen Stärken entgegen und gibt mir Energie. Zu diesem Zweck habe ich etwas gefunden, das ich gerne tue, und habe nun den Vorteil oder das Privileg, dass sich meine Hobbys mit meiner Arbeit überschneiden.
Dazu gehören das Bloggen, das Betreiben eines Podcasts oder auch das Halten von Vorträgen von Zeit zu Zeit. Wichtig ist, dass ich meine Aufgaben flexibel um mein Privat- und Familienleben herum planen kann. Tatsächlich besteht meine Hauptaufgabe darin, mein Arbeitsleben ständig neu zu organisieren und dynamisch zu entwickeln.
4. Wie sieht für dich ein perfekter „Digital Workplace“ aus?
Für mich ist der perfekte digitale Arbeitsplatz kein fester Ort, sondern eine flexible Umgebung, die ich dort einrichten kann, wo ich sie brauche. Heutzutage brauchen wir nicht mehr viel zum Arbeiten, oft reicht ein Smartphone, Tablet oder Laptop und natürlich eine gute Internetverbindung.
Meine Arbeitsorte ändern sich häufig an einem Tag. Morgens beginne ich in der Regel zu Hause am Schreibtisch, wechsle dann ins Kinderzimmer und gehe später ins Büro oder in die Stadt zu einem Termin. Ich kann von überall aus arbeiten, aber der Ort sollte möglichst gut zu meiner Arbeitsweise passen. Wenn ich zum Beispiel konzentriert und intensiv arbeite, brauche ich eher ruhige Räume.
5. Viele befürchten, dass ein hybrides Arbeitsmodell für Eltern langfristig nicht möglich ist. Was entgegnest du diesen Behauptungen?
Für mich ist der entscheidende Faktor die Möglichkeit, meine Arbeitsumgebung einzurichten. Das bedeutet, dass ich zu Hause in einer ruhigen Atmosphäre arbeiten kann, was oft nur in einem separaten Büroraum möglich ist. Für mich steht nicht die Frage nach dem Home-Office im Vordergrund, sondern wie ich meine Arbeit am besten erledigen kann.
Generell finde ich es gut, dass wir alle mehr Freiheit und Flexibilität genießen und dass viele Unternehmen ihren Mitarbeitenden erlauben, von zu Hause aus zu arbeiten. Jeder, der eine Familie hat, merkt schnell, dass Home-Office nicht immer einfach ist. Damit meine ich eigentlich nicht den Ort, sondern auch die Art und Weise, in der man sich auf den Weg macht. Außerdem wird man im Home-Office oft abgelenkt oder unterbrochen. Das ständige Umschalten, um wieder in den Arbeitsmodus zu kommen, ist nicht immer einfach. Ebenso sollte man auch wieder abschalten können, was wichtig ist, um sich zu erholen.
6. Hast du einen Tipp von Vater zu Vater oder von Vater zu Mutter, wie man gut damit umgehen kann?
Meine Empfehlung für berufstätige Eltern ist, Beruf und Familie so gut wie möglich zu trennen - in der Trennung liegt die Vereinbarkeit. Ich versuche, für mich verschiedene Blöcke einzurichten. So beginne ich den Tag mit meiner Familie und bringe meine Kinder in den Kindergarten oder die Schule. Wenn ich sie dann wieder abhole, kann ich in einer ruhigen Umgebung arbeiten. Familienzeit bedeutet für mich, dass ich mich voll und ganz auf meine Kinder konzentriere. Multitasking, um Familie und Arbeit gleichzeitig zu bewältigen, würde nur dazu führen, dass beide Welten darunter leiden. Mein Tipp ist also: Plant ein privatesZeitfenster in eurem Kalender und informiert eure Kolleg:innen oder Kund:innen darüber - seid transparent.
7. Gabriel Rath – Zwischen Daddymodus und Digital Life. In deinem Blog findet man immer wieder den Hashtag #Dadof3Girls. Was hat es damit auf sich?
Der Hashtag ist Teil meiner persönlichen Story. Ich blogge schon seit einer Weile über das Vatersein, mein Familienleben und über die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Zu Beginn habe ich über Facebook kleine Anekdoten gepostet, zu Themen wie: „Wenn man kleine Kinder hat und wenig Schlaf hat, geht ´ne Menge schief“. Daraus hat sich eine Kolumne entwickelt, die ich für das Stadtmagazin Rostock geschrieben habe. Darauf folgten Artikel auf meinem Blog “Daddymodus”. Hier liegt ebenfalls meine Top-Priorität auf meiner Familie - meine drei Töchter und meine Frau.
8. Als Speaker, Rapper, Podcaster und 3-facher Vater, wie bekommst du beides, Arbeit und Familie, unter einem Dach? Und welchen Tipp hast du für andere, damit es gelingt?
Folgt euren Leidenschaften! Probiert viele Dinge aus und bleibt bei dem, was euch Spaß macht. Wie findet ihr diese? Es ist alles, was euch Freude bereitet und was euch die Zeit vergessen lässt. Wenn ihr dann noch neugierig seid und gerne neue Dinge ausprobiert, dann ist der Tag nie lang genug. Das sind Aktivitäten, die man nicht machen muss, aber machen will.
Vielen lieben Dank, lieber Gabriel, für die vielen spannenden Insights zum Thema New Work!
Wenn ihr mehr über diese Themen erfahren möchtet, könnt ihr mehr in seinem Podcast New Work Chat, auf LinkedIn oder in seinem Blog erfahren.