Nicole Kopp Portrait

Unternehmenskultur, Kompetenzen & Management im hybriden Arbeitsmodell

Veröffentlicht:

29. September 2021

Aktualisiert:

26. September 2024

Hybrid Heroes

6

min

In diesem aufschlussreichen Interview mit Nicole von der GoBeyond-Website geht es um das Herzstück der Unternehmenskultur, Kompetenzen und Führung. Erforscht mit uns, wie diese zentralen Elemente zusammenspielen und die sich verändernde Landschaft der heutigen Arbeitswelt prägen.

1. Was sind wichtige Werte und Unternehmenskultur für Hybrid Working?

Für ein hybrides Arbeitsmodell sind die Werte Vertrauen und Zuverlässigkeit besonders wichtig. Ich muss darauf vertrauen können, dass meine Mitarbeitende auch zu Hause zuverlässig arbeiten, auch wenn ich nicht direkt hinter ihnen stehe und ihnen über die Schulter schaue. Ich muss mich darauf verlassen können, dass sie die Aufgaben erledigen, die ich ihnen gebe und zu denen sie sich verpflichtet haben. Die Mitarbeitenden haben also eine große Eigenverantwortung.

Was ich auch für wichtig halte, ist die Transparenz im Unternehmen. Informationen werden öffentlich geteilt. Es gibt Unternehmen, die alle Sitzungen aufzeichnen und alle Informationen aufschreiben, um sie zugänglich zu machen. Es ist auch wichtig, dass die Leute offen sind, dass sie immer mitteilen können, wie es ihnen als Mitarbeitenden gerade geht und was ihre Bedürfnisse sind. Das ist viel schwieriger, wenn man sich nur ab und zu am Bildschirm oder persönlich sieht. Das haben wir besonders während der Pandemie gemerkt.

Auch Flexibilität und Experimentierfreude sind entscheidend. Die meisten Unternehmen haben noch nicht die endgültige Lösung gefunden, jeder experimentiert. Diese Denkweise ist wichtig, um das richtige Arbeitsmodell für die jeweilige Situation und das Unternehmen zu testen und zu finden. Dann kann es auch wieder angepasst werden, wenn es sich nicht gut anfühlt oder nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.

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2. Welche Fähigkeiten brauchen Mitarbeitende, um erfolgreich hybrid zu arbeiten?

Diedigitale Kommunikation, die meist schriftlich erfolgt, ist für das hybride Arbeiten sehr wichtig. Aus Studien wissen wir, dass der Tonfall in 50 Prozent der E-Mails falsch eingeschätzt wird. Das bedeutet, dass man sich vor allem am Anfang erst einmal mit der ganzen schriftlichen Kommunikation, die durch hybrides Arbeiten zunimmt, auseinandersetzen muss. Gerade am Anfang können die Mitarbeitenden viel lernen, um die Schriftform gewinnbringend für sich zu nutzen.

Gute Fähigkeiten zum Selbstmanagement sind auch für Arbeitnehmende wichtig. Vor allem wenn ich von zu Hause aus arbeite, muss ich mich gut organisieren können: Wann fange ich an, wann mache ich eine Pause, wie motiviere ich mich, wie hole ich mir Hilfe und Unterstützung? Ich muss auch in der Lage sein, meine eigene Arbeit zu reflektieren: Wie mache ich mich? Was brauche ich, was stört mich, was würde ich gerne an meiner Situation ändern? 

Dann ist da noch die digitale Sozialkompetenz. Da ich mich nicht in einem Raum mit meinen Kolleg:innen befinde, muss ich in der Lage sein, mich digital auszudrücken und die entsprechenden Tools dafür zu nutzen.

3. Ein Schlagwort von vielen, wenn es um New Work geht, ist New Leadership. Worauf muss man bei Leadership jetzt achten?

Das Wichtigste bei New Work und New Leadership ist für mich die Menschlichkeit, also die Nähe und Verbundenheit. Das bedeutet, als Führungskraft aktiv auf meine Mitarbeitenden einzugehen, den Kontakt zu halten und zu fragen, wie es den Menschen geht, was sie brauchen, wo sie Hilfe gebrauchen können. Es ist schwierig, diese Nähe über den Computerbildschirm herzustellen. Aber mit den richtigen Tipps und Tricks ist es machbar, und man kann wirklich viel daraus gewinnen, nicht zuletzt Vertrauen.

Für eine erfolgreiche Führung aus der Ferne und die Nähe zu den Mitarbeitenden können Führungskräfte beispielsweise einen Check-in als Einleitung zu einem Workshop, einer Sitzung oder einem Gespräch mit einer Person nutzen. Um wirklich herauszufinden, wie es den Leuten geht und mit welchen Gefühlen sie dort sind, können die Mitarbeitenden zu Beginn ein persönliches oder berufliches Update geben.

Es können aber auch konkrete Fragen zu Beginn gestellt werden, wobei das Wort "gut" nicht als Antwort genannt werden sollte. Die Stimmung kann stattdessen z.B. mit dem Wetter beschrieben werden. Führungskräfte sollten selbst als Vorbilder fungieren und mit eigenen offenen Updates vorangehen. Gerade im virtuellen Kontext wird zu wenig über emotionale und menschliche Bedürfnisse gesprochen.

Außerdem müssen die Ergebnissedem Input vorgezogen werden. In der alten Arbeitswelt wurde vor allem auf den Input geachtet. Es war nur wichtig, dass die Mitarbeitenden da waren. Was dabei herauskam, war nicht so wichtig. Jetzt gibt es eine positive Umkehrung!

Auch die Sensibilität für kognitive Verzerrungen ist sehr wichtig. So gibt es zum Beispiel den so genannten"proximity bias", dass Manager unbewusst die Mitarbeitenden bevorzugen, die sie im Büro arbeiten sehen. Sie stehen ihnen also kognitiv näher als die Mitarbeitenden, die im Home-Office arbeiten. Letztere werden mit bis zu 50% geringerer Wahrscheinlichkeit befördert als diejenigen, die im Büro vor Ort sitzen. Vor allem Führungskräfte sollten sich dieser kognitiven Verzerrungen bewusst sein.

4. Wie kann ich den Wechsel zu einem hybriden Arbeitsmodell nachhaltig und so gestalten, dass er lange anhält?

Im Gegensatz zum klassischen Veränderungsmanagement und zum Topmanagement, das früher die Arbeitsweise bestimmte, wird der Wandel nun partizipativ, iterativ und kooperativ vollzogen. Kleine Schritte, alle arbeiten zusammen und experimentieren, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Erfolgreiche Experimente können eine erhebliche Impulswirkung haben und für das gesamte Unternehmen übernommen werden.

Auch der Zweck ist wichtig: Warum wollen wir überhaupt etwas verändern? Wollen wir für unsere Kunden besser, schneller oder rentabler werden oder wollen wir intern nachhaltiger und effizienter werden? Wollen wir die Welt zu einem besseren Ort machen? Was ist unsere eigentliche Vision? Gerade diese Fragen sind aufschlussreich, so dass jeder Mitarbeitende sie nachvollziehen kann.

5. Nun gibt es viele Stolpersteine für den hybriden Arbeitsmodus, wie du in einem Artikel auf GoBeyond sehr schön zusammengefasst hast. Wenn diese Probleme von den Unternehmen erkannt und angegangen werden, ist das natürlich ideal. Aber oft werden sie auch von den einzelnen Mitarbeitenden erkannt. Wie können Arbeitnehmende damit umgehen bzw. einen Kulturwandel einleiten?

Das Wichtigste in diesem Prozess ist die Kommunikation und der Austausch von Beobachtungen mit den Führungskräften. Es könnte zum Beispiel eine Situation geben, in der alle hybriden Sitzungen an den Mitarbeitenden im Home Office vorbeigehen, ihnen wird nicht zugehört. Auch als Einzelperson kann ich eine Veränderung bewirken, indem ich diese Beobachtung mitteile und darüber spreche. In einem Experiment kann die aktuelle Situation ermittelt werden, und das Team kann gemeinsam überlegen, wie diese verändert werden kann. Wenn es also Probleme gibt, sollte ich nicht gleich kündigen, sondern erst einmal überlegen, was stört mich, wie könnte man diese Situation ändern und wie kann ich das kommunizieren.

6. Wo stehen schweizer Unternehmen in Sachen hybride Arbeitskultur? Wer sind die Vorreiter, wer sind die Nachzügler?

In der Schweiz wird die hybride Arbeitskultur sehr unterschiedlich gehandhabt. Novartis oder die Schweizerische Post haben zum Beispiel schon früh angekündigt, dass die Mitarbeitenden ihr Arbeitsmodell frei wählen können (in Absprache mit ihren Teams). Sie können angeben, wo und wie oft sie aus der Ferne arbeiten wollen, was ich sehr fortschrittlich finde. Andererseits gibt es auch Unternehmen, in denen maximal ein Tag pro Woche für Remote-Arbeit vorgesehen ist. Für das betreffende Unternehmen ist dies bereits ein Fortschritt, wenn auch ein sehr kleiner. In vielen Schweizer Unternehmen ist es so, dass zwei oder drei Tage im Remote-Modus gearbeitet werden kann. 

Ich denke, dass das hybride Arbeiten von nun an das häufigste Modell sein wird. Die größte Schwierigkeit liegt bei Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden an der Front, in der Produktion, im persönlichen Kontakt mit Kunden und Lieferanten brauchen. Immer mehr Menschen wollen im Home Office arbeiten, daher wird es in Zukunft viel Diskussionsbedarf rund um die hybride Arbeitskultur geben.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, liebe Nicole! Wenn ihr mehr über dieses Thema erfahren möchtet, könnt ihr die GoBeyond-Website oder LinkedIn besuchen.

Unternehmenskultur, Kompetenzen & Management im hybriden Arbeitsmodell

Julia

Julia Dejakum ist eine erfahrene Marken- und Marketingmanagerin mit Spezialisierung auf hybride Arbeitslösungen. Sie ist bekannt für ihre innovativen Strategien und kombiniert gekonnt die Prinzipien der Markenentwicklung mit den feinen Nuancen von remoten und persönlichen Arbeitsumgebungen.

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